Historische Liedersammlungen



 
  G206-1
Titel:Geistliche Lieder der Deutschen aus Südosteuropa - Band 1 (Gesammelt von Konrad Scheierling)
Herausgeber / Verlag:Scheierling, Konrad. Im Auftrag des Instituts für Ostdeutsche Musik, Arbeitskreis Südostdeutsche Musik. Esther Gehann Musikverlag / Kludenbach
Erscheinungsjahr / Zeitalter:1987

Weitere Information:
Gesammelt von Konrad Scheierling. Illustrationen von Josef de Ponte. Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Ostdeutsche Musik, Arbeitskreis Südostdeutsche Musik.
Die sechs-bändige Sammlung umfasst insgesamt 2,208 Texte mit Melodien.

Band 1 ist in folgende Inhalte aufgeteilt:
Advent, Nr. 1-86
Weihnachten, Nr. 87-293
Jahreswechsel, Nr. 294-328
Name Jesu, Nr. 329-341
Heilige Familie, Nr. 342-349
Dreikönig, Nr. 350-372

Auszug aus dem Vorwort von O.H. Prof. Dr. Wolfgang Suppan:
'Im Sinne Johann Gottfried Herders, der 1774 erstmals das Wort 'Volkslied' gebrauchte, um damit auf die 'verklingenden Weisen' analphabetischer Kulturen hinzuweisen und ihren Wert als 'Stimmen der Völker' zu bezeugen, haben verantwortungsbewußte Männer nach dem Ende des Zweiten Weltkriges damit begonnen, die kulturellen Verhaltensformen südost- und osteuropäisch-deutscher Siedler aufzuzeichnen. Für die deutschsprachigen Volkskunde ergab ich damit die Chance, gleichsam ein Fenster aufzustoßen - um in geschichtliche Zeiten zurückzuschauen, mithilfe von genetischen und typologischen Vergleichen die mündlich überlieferten Zeugnisse der ethnischen Gruppen historisch zu schichten - und damit zugleich das Wissen um unsere Kultur in deren Gesamtheit zu vervollständigen, zu bereichern.
Zu den Sammler- und Forschungspersönlichkeiten der ersten Stunde zählt Konrad Scheierling. Selbst Donauschwabe, wußte er um den Gebrauchswert des Singens, Musizieren und Tanzens in den ehemaligen Sprachinseln: Ein Gebrauchswert, der primär nach der Funktion der Musik für das Wohlbefinden der Menschen und für die Dynamik des Zusammenlebens der Menschen fragt - und erst in zweiter Linie der Ästhetik des Schönsingens - oder gar der Kunstfertigkeit von Sängern, Musikern odere Tänzern Aufmerksamkeit schenkt. In diesem Sinne hat er aufgezeichnet und authentische Momentaufnahmen geschaffen, die in ihrer Summe das Selbstbewußtsein der Umsiedler auch in der neuen/alten Heimat zu begründen vermögen.
Es ist zu wünschen, daß damit, in der nun verschriftlichen Gestalt, die Lieder der Südostdeutschen nicht endgültig verklingen. Scheierlings Editionen sollten nicht als archivalische Materlialien behandelt werden - sondern im Sinne Herders über die Pädagogik und über außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung weiterhin wirken. Obzwar sich die Kinder und Kindeskinder der Donauschwaben, der Banat- und Batschka-Deutschen, der Bessarabien-, Dobrudscha-, Siebenbürgen-Deutschen. Der Wolga-, Gottschee- und Karpaten-Deutschen längst irgendwo in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich, in den Vereinigten Staaten, in Australien usf. Integriert haben, besteht in der vor uns liegenden Vereinheitlichung (um nicht zu sagen) 'Vermassung') kultureller Verhaltensformen doch die Chance, das in Jahrhunderten eingeschliffene Zu-Sich-Selbst-Finden mithilfe gemeinsames Singens, Musizierens und Tanzens im lokalen Bereich umso intensiver zu pflegen und damit seine Besonderung zu zeigen.
In diesem Sinne wird die Arbeit Konrad Scheierlings weiterhin von hohem Wert sein und in die Gestaltung zukünftgens Lebens hineinwirken.

Auszug aus der Einleitung von Konrad Scheierling:

'Zur Auffälligen Bekundung einer religiösen Haltung gehört das Singen von geistlichen Liedern. In ihrer vorgegebenen Form sind sie vor allem dem einfachen Menschen nicht nur Leitlinien seines Empfindens, sie geben ihm darüber hinaus noch den Rahmen, alles religiöse Geschehen im Vollzug der Gemeinschaft nachzuerleben. So vielfältig der Ablauf des Kirchenjahres in der Liturgie aufscheint, so reichhaltig und vielgestaltig war auch einst der Liedschatz, der unseren Vorfahren eigen war. Sei es im Kirchenraum oder außerhalb des Gotteshauses bei den verschiedensten Anlässen und Festlichkeiten, immer haben diese Melodien und Texte jung und alt besonders eingenommen. Sie waren Hilfen, um die Wahrheiten des Glaubens zu vertiefen. Stete Wiederholungen trugen dazu bei, manche Einzelheit besser im Gedächtnis zu behalten. Viel Freude und Herzenstrost ging von ihnen aus.
Leider hat das kundige Sammeln und Sichten viel zu spät eingesetzt, so daß das vorliegdende Material nur mehr bescheiden den eigentlichen Umfang dessen widerspiegelt, was einst Eigentum des Volkes war. Wir finden alte Überlieferungen neben gefühlvollen Gesängen des 19. und 20. Jahrhunderts, vielfach umgestaltet und zurechtgesungen, wie es jedem volkstümlichen Erbe ergeht, das ohne feste Fixierung von einer Generation zur andern weitergereicht wird.
Hier sei der Versuch unternommen, aus der Überlieferung der wichtigsten Siedlungslandschaften zwischen Burgenland und der fernen Wolga das herauszugreifen, was für diese einen besonderen Akzent setzt. Da Lieder bekanntlich wandern, gab es auch hier die verschiedensten Einflüsse. Die Ausstrahlungskraft Wiens war schon immer Vorbild. Später passte man sich den Neuerungen im Mutterlande an. Es lassen sich aber auch Begegnungen mit den umwohnenden Nachbarvölkern nicht von der Hand weisen, die manchmal auch einen gesteuerten Rückstand hinterließen. Auffallend ist auch die hohe Zahl von reformatorischen Liedern in den katholischen Gemeinden der mitteralterlichen Siedlungslandschaftzen Zips, Hauerland und Heideboden. Die hier aufgezeichneten Gesänge möchten exemplarisch für andere stehen, die vielleicht gar nicht oder nur unvollständig aufgezeichnet werden konnten.' Crailsheim, im Hernst 1987. Konrad Scheierling

Anmerkungen des Herausgebers:
'Einen gewichtigen Teil seines Lebenswerks, das geistliche Liedgut der Deutschen in den Sprachinseln Südosteuropas, faßt Konrad Scheierling hier als Auslese aus dem Liedbestand zusammen, den er in jahrzehntelanger Sammelarbeit aus mündlicher Überlieferung und schriftlichen Quellen zusammengetragen hat.
Es ist erine fast unübersehbare Ernte geistlicher und weltlicher Lieder, die er eingebracht hat, um sie vor dem Vergessenwerden zu retten, nachdem der Lebensgrund dieser Lieder mit der Zerstreuung ihrer Träger durch Vertreibung oder Abwanderung in den deutschen Kernraum oder in die verschiedensten Gebiete der Erde vernichtet worden ist.' Prof. Gotthard Speer, Leiter des Instituts für Ostdeutsche Musik.